Regionale 2025

Projektschau

Limmattal

PLAY!

4 Städte, 12 Gemeinden, 2 Kantone – vereint und gemeinsam.

Neue Ideen für Gesellschaft, Raum und Kultur.

Wegweisende Projekte für ein vernetztes Limmattal.

Eine Plattform für Menschen, die das Limmattal gestalten.

Impulsgeberin und Motor für die Region.

Projektstory

Draussenkunst

Kunst wendet sich an alle. Das ist der Ausgangspunkt des Projekts ART FLOW. Es verwandelt das Limmattal in eine riesige Kunstgalerie.


Flow bedeutet fliessen. Tränen fliessen, Wasser fliesst und oft bezieht sich das Wort auf Abstraktes, etwa auf Information oder Energie. Der Name ART FLOW fügt sich in dieses Bild: «Unser Projekt fliesst», betont Christoph Doswald. «Ein Kunstwerk kommt zum anderen hinzu und das Ganze nimmt stetig neue Formen an. Genau das möchten wir mit dem Namen ART FLOW verdeutlichen. Ganz abgesehen davon, dass das Projekt im Tal stattfindet, für das der Fluss eine zentrale Bedeutung hat.»

Christoph Doswald ist künstlerischer Leiter von ART FLOW. Der Kurator stammt aus der Region, er wuchs in Wettingen und Baden auf. Wenn er etwas erläutert, strömen seine Gedanken nur so aus ihm heraus – auch das eine Art von Flow. Zwanzig bis dreissig Kunstwerke sollen bis Mitte 2025 für ART FLOW entstehen, allesamt von lokalen und internationalen Kunstschaffenden eigens dafür erstellt. Das Ziel lautet: der Limmattaler Bevölkerung die Möglichkeit schenken, ihren Lebensraum dank Kunst auf neue Weise zu erleben.

Den Anstoss zu ART FLOW gab das Hochbaudepartement der Stadt Zürich. Gemeinsam mit der Regionale 2025 wird es nun vorangetrieben. Die Trägerschaft bildet der Verein ART FLOW (siehe Box), dort laufen sämtliche Projektfäden zusammen. Im Vereinsvorstand sitzen Vertreterinnen und Vertreter von Limmattaler Gemeinden und Städten. «ART FLOW findet im öffentlichen Raum statt», sagt Doswald dazu. «Das heisst, wir müssen im Vorfeld viele Abklärungen treffen: Wo gibt es Platz für das Kunstwerk? Ist der Standort gut erreichbar? Benötigen wir eine Baubewilligung? Welche Sicherheitsregeln sind einzuhalten? Die Vorstandsmitglieder können uns mit ihrer grossen Erfahrung unterstützen und den Weg durch die Verwaltung aufzeigen. Das ist ein Vorteil. Es erleichtert unsere Aufgabe. Die ist schon gross genug.»

Die Arbeit an dieser grossen Aufgabe ist in vollem Gang. Hinter den Kulissen herrscht Hochbetrieb. An die zwanzig Ideen werden inzwischen konkret verfolgt. «Wir gingen die Kunstschaffenden direkt an und fragten sie, ob sie bei ART FLOW mitmachen würden. Das Feedback war äusserst erfreulich. Wir luden sie anschliessend ins Limmattal ein und machten sie mit diesem spannenden und vielfältigen Lebensraum bekannt. Aus diesem Dialog mit dem Tal, mit seinen Menschen und seinen spezifischen Themen entwickeln sie ihre Vorschläge für neue Werke. Nun sind wir damit beschäftigt, die ersten Vorschläge weiterzuentwickeln. Zugleich klären wir ab, was überhaupt umsetzbar ist. Ab Frühling 2024 werden wir die ersten umgesetzten Arbeiten im Raum präsentieren können. Darauf kann man gespannt sein.»

Schönheit, die berauscht
Einen ersten Meilenstein hat ART FLOW bereits geschafft: Anfang September fand in Wettingen die Vernissage von «The Limmattal(ers)» statt. Das Vorhaben hält das Tal dokumentarisch in Bildern fest und bildet einen Teil von ART FLOW. Die Bilder nähern sich der Region aus unterschiedlichen Perspektiven an.

Den Auftakt von «The Limmattal(ers)» machen Fotografien der Künstlerinnen Gloria Galovic und Ester Vonplon. Bis Ende 2025 werden weitere Kunstschaffende ihre Sicht aufs Tal in Bildern festhalten und ihre Werke in «The Limmattal(ers)» integrieren. «Mit der Zeit entsteht so ein umfassendes Bildarchiv. Im Rahmen von Ausstellungen werden wir diese Arbeiten regelmässig zeigen», so Doswald.

Gloria Galovic ist in Wettingen gross geworden. Dort lebt und arbeitet sie nach wie vor. Sie sei von ART FLOW sofort begeistert gewesen, so die 31-Jährige, es sei notwendig, dass im Limmattal verschiedene Blickwinkel sichtbar gemacht würden. «Das wirkt inspirierend und darauf freue ich mich sehr, gerade als Künstlerin und Limmattalerin. Ich möchte daraus selbst eine andere Sicht auf die Dinge gewinnen, die um mich herum sind.»

Galovics Bilder zeigen Menschen und ihre Beziehung zur Limmat. «Unsere Alltäglichkeit besitzt eine berauschende Schönheit und diese flüchtigen Momente fange ich mit meiner Kamera ein. Mir war sofort klar, dass ich den Fokus auf die Limmat und ihre Berührungspunkte mit dem Menschen setzen möchte. Die Limmat ist das Bindeglied meiner fotografischen Bildwelten.»

Mit ihrer künstlerischen Arbeit möchte Galovic einen Dialog ermöglichen. Kunst solle neugierig machen. «Für mich ist Kunst ein enorm wichtiges Werkzeug für das Verständnis der Welt. Kunst ist immer Resonanz, ganz egal, in welcher Form sie sich zeigt. Sie schärft das Bewusstsein – in manchen Fällen ist sie für mich sogar eine Art Selbsttherapie.»

Vom unbewussten Sehen
Ester Vonplon ist gebürtige Limmattalerin und lebt heute im bündnerischen Castrisch. In Berlin und Zürich studierte sie Fotografie und erhielt 2017 den Manor-Kunstpreis. Müsste sie das Limmattal einem ausländischen Gast beschreiben, würde sie vom vielen Hochnebel im Winter erzählen, von der langen Autobahn, den Industriegebieten und vom Sommer in den wunderbaren Wäldern und natürlich von der Limmat.

Die Arbeit an den Bildern für «The Limmattal(ers)» habe für sie eine Rückkehr bedeutet: «Einen grossen Teil meiner Kindheit habe ich im Limmattal verbracht. Ich habe aber vergessen, wie viele schöne Orte es in der Region gibt. Während der Arbeit erinnerte ich mich an die vielen Sonntage in den Wäldern, an die Velotouren der Limmat entlang. Ich musste daran denken, wieder und wieder.»

Die Bilder der 43-Jährigen sind oft von der Landschaft und der Natur inspiriert. So auch die Arbeiten, die jetzt im Rahmen von ART FLOW in Wettingen gezeigt werden. Entstanden sind atmosphärische Fotografien, die sich mit dem Limmattaler Naturraum beschäftigen. «Anfänglich wollte ich eine Arbeit über unberührte Orte realisieren. Daraus wurde aber eine sehr persönliche Arbeit über Orte, die mir bekannt waren und zu meinen Kindheitserinnerungen gehören.»

Die Fotokamera sei das einzige Werkzeug, mit dem sie sich so ausdrücken könne, wie sie es sich wünsche, betont die Künstlerin. «Die Kamera fordert mich auf, neugierig und in Bewegung zu bleiben. Ich bin dann zufrieden mit einem eigenen Bild, wenn es mich überrascht. Es gibt Bilder, auf denen ich erst im Nachhinein die Besonderheit bewusst wahrnehme. In dem Moment, als ich den Auslöser betätigte, war davon noch nichts zu sehen. Ich hatte es nur unbewusst gesehen.»

Die Bilder der zwei Foto-Künstlerinnen sind bis Anfang Oktober in der Wettinger «Galerie im Gluri Suter Huus» zu besichtigen. An der Finissage werden Gloria Galovic und Ester Vonplon persönlich zugegen sein. Beide freuen sich, ihre Arbeiten einem breiten Publikum zu zeigen.

Was sehe ich?
Die Stadt Zürich und die Kantone Aargau und Zürich unterstützen ART FLOW mit 3,2 Millionen Franken. Christoph Doswald geht von einem Budget von insgesamt 4,4 Millionen aus. «Wir freuen uns über die grosszügige Unterstützung der öffentlichen Hand», betont er. «Das ist viel Geld. Man muss anderseits sehen, dass die Kunstwerke spezifisch für ART FLOW geschaffen werden. Wir bezahlen die Künstlerinnen und Künstler dafür. Sämtliche Arbeiten um die Kunstwerke herum – das Abklären, Organisieren, Abstimmen, Koordinieren –, all das ist ebenfalls mit Aufwand verbunden. Wir sind zuversichtlich, dass wir über Stiftungen und Sponsoren die restliche Finanzierung sichern können. Darum bemühen wir uns aktuell und tun alles dafür.»

Viel Beachtung schenkt das Projekt der Vermittlung der gezeigten Kunst. Viele von uns kennen die Herausforderung: Man steht vor einem Kunstwerk, aber weiss nicht mit Sicherheit, was daran fesselnd ist: Schaue ich richtig hin? Sollte ich etwas fühlen? Weiss ich genug, um das Werk zu verstehen? Fehlt es womöglich an Erfahrung? Was nehmen wohl andere wahr? Kunst erschliesst sich oft nicht auf Anhieb. Nicht selten macht sich Ratlosigkeit breit und man wendet sich resigniert ab.

«Wir richten unser Augenmerk bewusst auf diese Herausforderung und bieten ein spezifisches Vermittlungsprogramm. Eine der Zielgruppen des Projekts sind Schülerinnen und Schüler. Für sie werden wir geeignete Massnahmen parat haben, um sie an die Werke heranzuführen. Das Thema Identität wird dabei eine zentrale Rolle spielen.»

Die Erfahrung zeigt, dass über die Schülerinnen und Schüler auch deren Familien und andere Bezugspersonen erreicht werden. Auch diese Chancen will sich ART FLOW zunutze machen. «Je mehr Limmattalerinnen und Limmattaler wir erreichen, umso besser», so der Kurator. «Eine zweite Kernzielgruppe sind ältere Menschen. Ihnen wollen wir ermöglichen, ihre Region auf eine neuartige Weise kennenzulernen. Daneben sprechen wir alle Personen an, die eine gewisse Kunst- und Kulturaffinität besitzen.»

Solange es Kunst gibt, ist uns nicht bange um die Zukunft. Dieses Aperçu hört und liest man des Öfteren, wenn von der Bedeutung von Kunst die Rede ist. Krisen neigen dazu, unseren Blick zu engen. Wir ziehen uns zurück und orientieren uns am Bewährten und Überschaubaren. Kunst setzt dagegen. Sie hilft uns, den Blick wieder zu weiten. ART FLOW bietet hierfür die beste Gelegenheit. Das Projekt bringt Menschen zusammen, regt Gespräche über das Wahrgenommene an und hält uns als Individuen und Gemeinschaft lebendig.

Art Flow

Das Projekt ART FLOW geht auf eine Initiative des Hochbaudepartements der Stadt Zürich zurück. Bis 2025 soll eine Reihe von Kunstwerken entstehen, die das Limmattal erforschen und im öffentlichen Raum ausgestellt werden. Für die Pro­jekt­um­set­zung wurde 2022 ein Verein mit gleichem Namen gegründet. Die Objekte und Interventionen werden von Kunstschaffenden aus dem In- und Ausland realisiert. Auftakt des Projekts bildet die fotografische Dokumentation «The Limmattal(ers)». Sie hält das Limmattal aus verschiedenen Perspektiven fest. ART FLOW ist für die grosse Ausstellung der Regionale 2025 ausgewählt.

Verein ART FLOW

https://www.art-flow.ch

Christoph Doswald
Christoph Doswald ist künstlerischer Leiter von ART FLOW. Der renommierte Kurator wuchs im Limmattal auf und lebt heute in der Nähe von Zürich. Beim Kulturweg Limmattal wirkt er als Präsident des Stiftungsrats.

Gloria Galovic
Die Künstlerin Gloria Galovic stammt aus Wettingen. Mit der Fotografie dokumentiert sie oft Menschen in Gruppen oder in besonderen Lebensmomenten. Für «The Limmattal(ers)» hat sie sich mit der Freizeitkultur an der Limmat beschäftigt.

Ester Vonplon
Ester Vonplon kam in Schlieren zur Welt. Die Künstlerin setzt sich fotografisch mit Landschaften und den natürlichen Elementen der jeweiligen Topografie auseinander. Für «The Limmattal(ers)» untersuchte sie den Zustand der Limmattaler Natur.

Ausstellung «The Limmattal (ers)»